Alter(n) in der alternden Gesellschaft. - Eine soziologische Einführung in die Wissenschaft vom Alter(n)

Alter(n) in der alternden Gesellschaft. - Eine soziologische Einführung in die Wissenschaft vom Alter(n)

 

 

 

von: Frank Thieme

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2007

ISBN: 9783531908175

Sprache: Deutsch

324 Seiten, Download: 2260 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Alter(n) in der alternden Gesellschaft. - Eine soziologische Einführung in die Wissenschaft vom Alter(n)



1 Einleitung (S. 15)

„2030 – Aufstand der Alten“, lautete der reißerische Titel einer so genannten „Dokumentarfiktion“ im Spielfilmformat, ausgestrahlt zu guter Sendezeit vom Zweiten Deutschen Fernsehen am 16. Januar 2007. Hat die Zukunft (endlich) die Massenmedien erreicht, oder beweist sich (einmal mehr), dass diese ihre „eigene Realität“ haben (Niklas Luhmann)?

Soviel ist sicher, die Programmverantwortlichen des Fernsehens – und mit ihnen der „Rest“ der Massenmedien und Bestsellerautoren – haben das Thema „Altern der Gesellschaft“ (für sich) entdeckt. Zu einem Zeitpunkt, da dunkle Szenarien aber auch nüchterne Vorausberechnungen die Alten der Gegenwart verunsichern und die Erwartungen der künftigen Alten an ihren eigenen „Lebensabend“ zunehmend verdüstert haben.

Die Gesellschaft muss fürchten, der durch die voranschreitende Alterung der Gesellschaft verursachten Kosten, nicht mehr Herr werden zu können. Das Leben im Alter morgen könnte von Kargheit, Krankheit und Abgeschobensein geprägt sein. Zeit für die Alten der Zukunft, sich zum „Methusalemkomplott“ zu rüsten?

Warum auf einmal mit soviel Verve? Die über Jahre nur zögerlich von Politik, Medien und Öffentlichkeit zur Kenntnis genommenen Konsequenzen der Bevölkerungsentwicklung sind seit langem bekannt. In der Folge eines über mehr als drei Dekaden anhaltend niedrigen Geburtenniveaus und parallel dazu einer ständig wachsenden Lebenserwartung, ist es zu einer voranschreitenden Überalterung und schon begonnenen Schrumpfung der Bevölkerung gekommen.

Die Gesellschaft wird „grau“, „Deutschland vergreist“ und verwaist wohl alsbald, wenn nicht Massen von Zuwanderern, deren Integration dann ein anderes Problem wäre, die bereits begonnene Verringerung der Bevölkerung aufhalten würden. Der Arbeitsgesellschaft geht – anders als noch vor Kurzem behauptet – weniger die Arbeit, als vielmehr die Menschen aus.

Immer weniger Kinder werden geboren – dringend notwendige Arbeitskräfte von morgen und künftige Prämienzahler für die Sozialversicherung. Der „Generationenvertrag“, jener seit über hundert Jahren bewährte Kern institutionalisierter Solidarität, droht unerfüllt zu bleiben, weil Egoismus, Materialismus und „Selbstverwirklichung“ sich ausgebreitet haben.

Dabei fing alles so gut an. Seit etwa hundert Jahren steigt die Lebenserwartung. Rapide hat sie sich binnen eines Säkulums in den Industrieländern geradezu verdoppelt. Hohe Geburtenzahlen wurden überflüssig, weil immer mehr Neugeborene, anstatt dem raschen Tod anheim zu fallen, erwachsen wurden.

So ging die Zahl der Geburten pro Kopf zurück, während die Alten immer zahlreicher und immer noch älter wurden – und werden. Von wenigen Prozent wird der Altenanteil an der Bevölkerung bis zur Mitte dieses Jahrhunderts auf ein Drittel gewachsen sein. Diese Nachrichten irritieren eine Gesellschaft, die es – historisch erstmalig – schaffte, dass „Alter“ zu einer für alle wahrscheinlich erlebbaren und zugleich gemeinhin lebenswerten Lebensphase wurde.

Soziale Sicherung, Gesundheitsfür- und -vorsorge sowie der Massenwohlstand sind die Grundlagen dafür, dass „Späte Freiheit“ (Leopold Rosenmayr) und ein „gutes Leben im Alter“ für die Mehrheit der Alten Realität geworden sind. Vom „guten Leben im Alter“ handelt dieses Buch. Meine These widerspricht verbreiteter – besser: veröffentlichter – Alltagsmeinung (zuletzt: Schirrmacher 2004).

Alte gelten vielfach noch immer als „abgeschoben“, „diskriminiert“ und benachteiligt. Die Forschung widerspricht dem seit langem. Befragungsergebnisse und statistische Daten werden meine These erhärten. Dieses Buch will zugleich verstanden werden als soziologische Einführung in die Wissenschaft vom Alter und vom Altern.

Eine eigene Forschungsdisziplin gibt es nicht. Alter und Altern sind komplexe Erscheinungen. An der Erforschung von Ursachen, Prozessen und Folgen des Alterns sind natur- und geisteswissenschaftliche Disziplinen beteiligt. Dazu gehören die Biologie (heute auch die Genforschung), die Medizin, die Ökonomie, die Geographie und die Erziehungswissenschaft (Pädagogik).

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