100 Fragen zu Palliative Care

100 Fragen zu Palliative Care

 

 

 

von: Ingrid Hametner

Schlütersche, 2015

ISBN: 9783842686885

Sprache: Deutsch

144 Seiten, Download: 337 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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100 Fragen zu Palliative Care



1 GRUNDLAGEN DER PALLIATIVE CARE


1. Frage: Was ist Palliative Care?


Der Begriff »Palliative Care« stammt aus England und bezeichnet ein multidisziplinär angelegtes Behandlungs-, Pflege- und Betreuungskonzept für Menschen in der letzten Lebensphase. Frei übersetzt kommt der Begriff von »Pallium« (lat. = Mantel und »Care« engl. = Fürsorge), sodass er sich vereinfacht ausgedrückt als »umhüllende Fürsorge« deuten lässt.

Definition

Die WHO (2002) definierte Palliative Care als die wirksame und ganzheitliche Care von Patienten, deren Krankheit nicht mehr behandelbar ist. Dabei stehen die erfolgreiche Behandlung der Schmerzen und weiterer Symptome sowie die Hilfe bei psychologischen, sozialen und seelsorgerischen Problemen an erster Stelle.

Das Ziel von Palliative Care ist, die bestmögliche Lebensqualität für Patienten und deren Familien zu erreichen. Aus Mangel eines gleichbedeutenden Begriffs in Deutschland hat sich Palliative Care als internationaler Ausdruck für Palliativmedizin inzwischen auch als übergeordneter Terminus für Palliativmedizin und Palliativpflege im deutschsprachigen Raum etabliert.3

2. Frage: Welchen Grundsätzen folgt die Palliative Care?


Zur Orientierung werden folgende Grundsätze angegeben:

Exzellente Schmerz- und Symptomkontrolle

Integration von psychischen, sozialen und seelsorgerischen Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen und des Behandlungsteams, sowohl bei der Krankheit als auch beim Sterben und in der Zeit danach

Akzeptanz des Todes als Teil des Lebens. Durch eine deutliche Bejahung des Lebens soll der Tod weder beschleunigt noch hinausgezögert werden. Palliativmedizin ist eine eindeutige Absage an aktive Sterbehilfe

Kompetenz in den Fragen der Kommunikation und der Ethik

3. Frage: Wann ist Palliative Care notwendig?


Wenn alle kurativen (lat. heilenden) Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind, wird Palliative Care notwendig. Der Patient wechselt von der behandelnden Versorgungsform in eine palliativmedizinisch-pflegerische Versorgung über. Verkürzt ausgedrückt spricht man von Lindern, wenn Heilen nicht mehr möglich ist. Palliative Care bedeutet allerdings nicht, lediglich zu lindern, sondern – wenn möglich – Symptome erfolgreich zu behandeln. Der Symptomkontrolle kommt eine besondere Bedeutung zu, da sie das Maß für die Lebensqualität des Patienten ist. Die Übergänge von der kurativen Therapie zur palliativen Therapie sind fließend.4

4. Frage: Was bedeutet »exzellente Schmerz-und Symptomkontrolle«?


Der Duden übersetzt das Wort »exzellent« mit »aufs Beste, ausgezeichnet, bestens, brillant, erstklassig, exquisit, fabelhaft, genial, grandios, herrlich, hervorragend, sehr gut …« So können wir daraus schließen, dass im Rahmen der Schmerz- und Symptomkontrolle das Beste für den Patienten getan werden muss.

5. Frage: Welche körperlichen Symptome finden in der letzten Lebensphase besondere Beachtung?


Schmerzen, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit, Schwäche, Obstipation, Dyspnoe (Atemnot), Übelkeit, Schlaflosigkeit, Schwitzen, Dysphagie (Schluckbeschwerden), urologische Symptome wie z. B. Dysurie (erschwerte Harnentleerung), Harnretention (Harnverhaltung), Neuropsychiatrische Symptome (wie z. B. Desorientiertheit, Schwindel, Krämpfe, Somnolenz [Benommenheit]), Dermatologische Symptome (z. B. Juckreiz, Infektionen, allergische und toxische Reaktionen, Dekubitalulzera [Druckgeschwüre]), Erbrechen, Dyspepsie (Reizmagen), Diarrhoe.5

Nach Aussage der Deutschen Krebsgesellschaft (2009) müsste dem Symptomkomplex noch das Symptom Fatigue (Erschöpfung) hinzugefügt werden, wenn eine Krebserkrankung vorliegt.

6. Frage: Was ist Schmerz?


»Schmerz ist das, wovon ein Mensch sagt, dass es Schmerz ist – wann immer er das angibt.«6 Es ist ein Phänomen, das den ganzen Menschen betrifft.7

Definition

Die Internationale Vereinigung zum Studium des Schmerzes (International Association for the Study of Pain – IASP) definiert: »Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller und potenzieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit den Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.«

Etymologisch stammt der Ausdruck »Schmerz« vom althochdeutschen »smerzo«. Ein veralteter Begriff ist »Pein«, der eine sprachliche Nähe zum englischen Wort »pain« für Schmerz aufweist. In der Medizin werden die Bezeichnungen »Dolor« aus dem Lateinischen und »Algesie« aus dem Griechischen verwendet. Die Sinneswahrnehmung des Schmerzes wird auch als Nozizeption bezeichnet.

Die Empfindung Schmerz wird als komplexe Wechselwirkungen zwischen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren betrachtet, sodass von einem biopsychosozialen Schmerzkonzept des Menschen gesprochen wird.

Hinweis

Schmerz ist das, was der Patient als solchen empfindet. Unabhängig von der mutmaßlichen Ursache gilt: Nur der Patient nimmt seinen Schmerz wahr. Also sind alle Schmerzangaben ernst zu nehmen, auch wenn sie zunächst nicht nachvollziehbar erscheinen.

Schmerz bedroht den Patienten in seiner Integrität und ist meist von Angst, Rückzug und Depression begleitet. Schmerz hat auch eine kulturelle Dimension und kann sehr verschieden mitgeteilt werden. Wichtig ist ein vorurteilsfreier Umgang mit Menschen, die Schmerz erleiden. Schmerz ist auch Ausdruck und Kommunikation. Er teilt etwas mit: Verletzlichkeit, Hilfebedürftigkeit, Verzweiflung, Verlangen nach Zuwendung und Rücksicht.8

Leider haben Untersuchungen gezeigt, dass Ärzte oder Pflegefachkräfte den Schmerz häufig geringer einschätzen als der Patient. Schmerz ist eine der am stärksten mit Angst besetzten Erfahrungen.9 Unter diesem Aspekt haben die Schmerzerkennung und Schmerzbehandlung einen wesentlichen Anteil an der Palliative Care. Die Schmerzerkennung ist der erste Schritt zur Schmerzbekämpfung und es gilt, alle an der Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase Beteiligten dafür zu sensibilisieren, dass die meisten Menschen Angst davor haben, unter Schmerzen sterben zu müssen.

Schmerz und Palliativmedizin sind ein umfassendes Thema. Die Linderung von Schmerzen ist ein ureigenes Anliegen des ärztlichen Auftrages.10 Die Symptomkontrolle des Schmerzes hat besonders in der Terminal-, Präfinalphase und Finalphase oberste Priorität.11

Medikamentöse Behandlungsstrategien in der Finalphase

Festes Zeitschema

Regelmäßige Applikation

Ausreichende Bedarfsmedikation

Gute Beobachtung der Symptome und des Verlaufs

Dosisanpassung, ggf. Umstellung der Applikation durch den Arzt

Erfolgskontrolle*

* Vgl. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (2005). Palliative Care. Lehren + Lernen + Leben. Im Internet: https://www.dgpalliativmedizin.de/pflege/palliative-care-lehren-ler-nen-leben.html [Zugriff am 28.05.2015]

Natürlich greift eine medikamentöse Schmerzbehandlung – im Rahmen von Symptomkontrolle und Schmerztherapie – viel zu kurz. Komplementäre Therapieansätze spielen in der Palliative Care eine immer bedeutende Rolle.12 In diesem Ratgeber kann ich lediglich darauf verweisen, wie wichtig es ist, sich ausführlicher mit dem Themenbereich zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang weise ich für die Pflegefachkräfte auf die Handlungsrichtlinie des DNQP »Expertenstandard Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen (2011) und chronischen Schmerzen (2014)« hin. Des Weiteren wird das Thema in allen in der Literaturliste angegebenen Fachbüchern behandelt. Alle im Handel erhältlichen Pflegezeitschriften beschäftigen sich immer wieder mit dem Themenbereich. Das Hospiz Stuttgart13 stellt Palliative Care-Tipps zum Themenbereich »Schmerz« für Angehörige und Betroffene und für ehrenamtliche Begleiter als Download zur Verfügung.14

7. Frage: Was versteht man unter »total pain«?


Definition

Der Begriff »total pain« wurde von der großen Pionierin der Hospizbewegung, Cicely Saunders, geprägt. Sie sprach von einem ganzheitlichen Schmerz, der Menschen in ihrer letzten Lebensphase erfassen kann. Total pain beinhaltet nach ihrer Vorstellung neben dem physischen Leiden auch psychosoziales, kulturelles und spirituelles Leiden.

Das total pain-Konzept will dafür sensibilisieren, dass die Leidensmomente häufig in Verbindung miteinander stehen. Körperliche Schmerzen können Ängste verstärken, wie auch Ängste das Schmerzerleben...

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