Altern in der modernen Gesellschaft

Altern in der modernen Gesellschaft

 

 

 

von: Hermann Brandenburg (Hrsg.)

Schlütersche, 2004

ISBN: 9783899931303

Sprache: Deutsch

135 Seiten, Download: 3941 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Altern in der modernen Gesellschaft



2 Altenheime in der Zukunft – die Zukunft der Altenheime!? (S. 49-50)

Prof. Dr. Hermann Brandenburg

Der folgende Beitrag diskutiert Entwicklungen und Herausforderungen in der stationären Pflege alter Menschen. Der Fokus liegt auf Fragen der pflegerischen Betreuung und der Versorgung Älterer und der Lebensqualität in Institutionen. Argumentiert wird aus pflegewissenschaftlicher und gerontologischer Perspektive. Im ersten Schritt wird der soziale Wandel skizziert und dabei auf demogra.sche Aspekte, Veränderungen in den Familienstrukturen und neuere Entwicklungen im stationären Sektor Bezug genommen. Im zweiten Schritt werden Lebenslagen und Lebensstile im Alter dargestellt und deren Entwicklungstendenzen beschrieben. Sowohl im ersten wie auch im zweiten Teil werden grundlegende Informationen zur Beantwortung der Frage gegeben, mit welchen potenziellen Personengruppen jetzt und in absehbarer Zukunft im Heim zu rechnen ist. Aufbauend auf diesen Ausführungen werden in einem dritten Schritt fachliche Anforderungen an die Heime skizziert, damit sie dem Bedürfnis einer selbstständigen, selbst bestimmten Lebensführung auch in Institutionen gerecht werden können. Abschließend werden einige Konsequenzen diskutiert, insbesondere mit welchen Strategien und Konzepten zukünftig in der stationären Altenhilfe auf veränderte Nutzergruppen und Nutzerverhalten reagiert werden kann.

2.1 Der Wandel

Es ist klar, dass sich eine professionelle Pflege älterer Menschen auf den demografischen, sozialen und institutionellen Wandel in der Versorgung dieser Zielgruppe mit eigenen Konzepten und Ideen einstellen muss. Auf welche Veränderungen muss reagiert werden? Ich möchte zunächst zwei globale Trends darstellen (Zunahme von Pflegebedürftigkeit insgesamt und die erkennbaren Grenzen der Familienpflege) und dann spezifisch auf den Heimbereich einzugehen.

2.1.1 Zunahme kranker, pflegebedürftiger und behinderter älterer Menschen

Experten gehen von einer Erhöhung der Anzahl hilfe- und pflegebedürftiger Älterer insgesamt aus. Bis zum Jahre 2010 wird mit einem Anstieg von gegenwärtig 1,6 auf 2,04 Millionen gerechnet. Für das Jahr 2030 gehen die Schätzungen von 2,16 bis 2,57 Millionen pflegebedürftiger Personen in Deutschland aus (vgl. Dritter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland 2001, S. 88). Für Baden-Württemberg wird beispielsweise ein steigender Bedarf hinsichtlich personenbezogener Dienstleistungen erwartet. Bis zum Jahre 2010 wird dort von einem zusätzlichen Bedarf von mindesten 10.000 Pflegeheimplätzen ausgegangen. Zusammen mit den ambulanten Diensten wird ein zusätzlicher Bedarf von 5.000 Pflegefachkräften prognostiziert (Stetter-Karp 2002). Neben den allgemeinen Daten zur Altersentwicklung und Pflegebedürftigkeit ist auf die veränderte Zusammensetzung der Gruppe der pflegebedürftigen Älteren zu verweisen. Erstens wird mit einem erheblichen Anstieg der Zahl älterer behinderter Menschen gerechnet. Wenngleich noch kein exaktes Datenmaterial vorliegt, so wird davon ausgegangen, dass in den nächsten Jahren die Alterspopulation der über 50jährigen Menschen mit geistiger Behinderung erheblich zunehmen wird (vgl. Theunissen, Drygalla, Kuhlig 1998). Dabei kommt es vermutlich auch zu einer steigenden Zahl älterer Behinderter mit psychiatrisch relevanten Störungen. Studien aus Skandinavien berichteten z.B. über einen Anteil von 20% dementieller Erkrankungen bei geistig behinderten Menschen, die 65 Jahre oder älter sind (vgl. Lund 1985). Eine weitere Zielgruppe ist die wachsende Zahl der älteren Ausländer. Um die Jahrtausendwende lebten etwa 660.000 Migranten (60 Jahre und älter) in Deutschland. Bis zum Jahre 2030 wird eine Zahl von nahezu 2.200.000 älterer Menschen ausländischer Herkunft vorausberechnet (Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1998). Bei der Migrantenpopulation ist von einer sehr heterogenen Gruppe auszugehen, die in Abhängigkeit vom kulturellen Hintergrund und dem sozialen Status unterschiedliche Problemlagen aufweist. Bereits heute zeigen sich bei der Gruppe der allein lebenden älteren männlichen Migranten Versorgungsprobleme, die durch das traditionelle familiäre Unterstützungsnetz nicht voll kompensierbar sind (vgl. Geiger, Brandenburg 2000; siehe auch Carrier 1999, Gätschenberger 1995, Voit 1999). Und schließlich wird natürlich die Gruppe der dementiell Erkrankten nach wie vor eine zentrale Herausforderung für den stationären und ambulanten Bereich darstellen. Repräsentative Daten zeigen, dass 34 bis 77% der Heimbewohner von einer Demenz betroffen sind (Weyerer et al. 1995).

Hieraus ergeben sich Herausforderungen für die Pflege in der Zukunft:

• Die Entwicklung und Umsetzung von pflegerischen Konzeptionen für den Umgang mit speziellen Zielgruppen (ältere Behinderter, Migranten, dementiell Erkrankte) wird immer wichtiger.

• Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf pflegerische Kompetenzdiagnostik müssen intensiviert und moderne Pflegeinterventionen / Pflegetechniken noch stärker implementiert werden.

• Der Aspekt der Pflegeprävention, Gesundheitsvorsorge und Beratung wird wichtiger werden - gerade um Pflegebedürftigkeit möglichst weit hinauszuschieben oder ganz zu vermeiden.

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