100 Fehler bei der Einstufung von Pflegebedürftigen - und was Sie dagegen tun können

100 Fehler bei der Einstufung von Pflegebedürftigen - und was Sie dagegen tun können

 

 

 

von: Jutta König

Schlütersche, 2010

ISBN: 9783842682771

Sprache: Deutsch

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100 Fehler bei der Einstufung von Pflegebedürftigen - und was Sie dagegen tun können



5 Die Begutachtung (S. 34-35)

32. Fehler: Pflegekräfte halten sich bei der Begutachtung im Hintergrund

Pflegepersonen/-kräfte verhalten sich bei der Begutachtung allzu oft ruhig und zurückhaltend. Zum einen sind sie eventuell unsicher, ob und was sie sagen sollen. Zum anderen aber wurde mir mehrfach berichtet, dass die Gutachter die beteiligten Personen zum Schweigen auffordern. Wenn eine Pflegeperson/-kraft sich zurückhält, nicht die Situation schildert, die Pflegesituation darstellt, die Aussagen des Pflegebedürftigen revidiert etc., wozu soll sie dann dabei sein? Gemäß Begutachtungsrichtlinie sollte im häuslichen Bereich die Pflegeperson und im stationären Bereich die Pflegekraft, die am besten mit der Situation des Antragstellers vertraut ist, beim Besuch zugegen sein. Diese Aussage auf Seite 11, Punkt 2.2.2, in der Begutachtungsrichtlinie ist somit richtungweisend.

Zudem ist auf Seite 43 zu lesen, dass die Pflegebedürftigen, die eine psychische Erkrankung haben, oftmals ihre eigene Situation verkennen, den Hilfebedarf nicht richtig wiedergeben, verleugnen oder aus Scham verschweigen. Wenn die Begutachtungsrichtlinie an wenigstens zwei Stellen darauf hinweist, ist klar: Keine Begutachtung ohne die Beteiligung der Pflegeperson/-kraft. Denn nur sie kann den Hilfebedarf realistisch darlegen, die Wahrnehmungsstörungen und die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten des Pflegebedürftigen geraderücken. Wenn also der Pflegebedürftige dem Gutachter gegenüber äußert, er würde alles noch selbst machen und er sei selbstständig, so darf die beteiligte Person nicht still daneben sitzen, wenn dies nicht den Tatsachen entspricht.


33. Fehler: Ein Pflegebedarf wird vorgetäuscht


Wie oft habe ich es als Gutachterin bei Gericht selbst erlebt, dass mir die Pflegebedürftigen in einer besonderen Situation »vorgesetzt« wurden. So traf ich Pflegebedürftige auch am Tag im Nachthemd und im Bett liegend an. Meine Frage, ob die Person immer im Bett liege, wurde klar verneint. Oder Inkontinenzprodukte wurden an einer exponierten Stelle in der Wohnung/ im Zimmer deponiert. Bei der späteren Befragung, bei der Untersuchung des Pflegebedürftigen und auch bei der Auswertung von Bestellungen und Rezepten von Inkontinenzmaterial stellte sich jedoch heraus, dass beim Pflegebedürftigen keine Inkontinenz vorlag.

Es kam ebenfalls vor, dass der Pflegebedürftige auf die Bitte, die Arme zu heben, zunächst antwortete, dass diese Bewegung nur mühsam und unter Schmerzen möglich sei. Im späteren Verlauf der Begutachtung und der Befragung bewunderte ich dann die schön geschnittenen Haare oder die hübschen Ohrringe. Und schon ging die Hand, die vor wenigen Minuten nur mühsam angehoben werden konnte, sehr rasch und ohne Zögern zu den Haaren oder den Ohren. Ich rate deshalb von all diesen versuchten Manipulationen dringend ab. Der Pflegebedürftige sollte in keiner Weise auf die Begutachtung vorbereitet werden. Er soll am Tag der Begutachtung so sein wie immer und sich möglichst so verhalten wie immer, denn Manipulationen lassen sich unter Umständen leicht aufdecken.


34. Fehler: Der Pflegebedürftige wird »präpariert«

Immer wieder treffe ich in Pflegeheimen oder auch in der häuslichen Situation auf Pflegebedürftige, die für mich extra »herausgeputzt« wurden. Sie wurden extra gebadet, die Haare wurden gewaschen, die Nägel geschnitten und die Sonntagskleidung herausgeholt. Gleichzeitig bekomme ich aber erzählt, dass dieser Pflegebedürftige sich nicht gern wäscht, am liebsten immer die gleiche alte Kleidung trägt, dass Nägelschneiden und Haarewaschen nur mit diversen Überredungskünsten möglich wird. Wenn ich den Pflegebedürftigen jedoch so vor mir sehe, werde ich skeptisch: Was ist jetzt real? Das, was ich sehe, oder das, was man mir erzählt?

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