Betreutes Leben in Familien - Psychiatrische Familienpflege
von: Christine Schönberger, Peter Stolz
Psychiatrie-Verlag, 2003
ISBN: 9783884143551
Sprache: Deutsch
177 Seiten, Download: 2731 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
Die Bewohner (S. 69-70)
Die Familienpflege hat auf veränderte Betreuungserfordernisse der Versorgungslandschaft reagiert. Die Beschränkung der Familienpflege auf psychisch kranke Menschen, wie dies im Namen »Psychiatrische Familienpflege« zum Ausdruck kommt, ist von der Praxis längst überholt. Aber psychisch kranke Menschen bilden noch immer die größte Bewohnergruppe, auch wenn dabei der Anteil von Patienten mit langen Hospitalisierungskarrieren nicht mehr dominiert.
Gegenwärtig werden Menschen mit sehr unterschiedlichen Behinderungen in Gastfamilien aufgenommen, ihr Kreis wird kontinuierlich erweitert. Zu den jüngsten Entwicklungen zählt die Betreuung von psychisch kranken Müttern oder Vätern und ihren Kindern in Gastfamilien, die nicht nur im LDS erfolgreich erprobt wurde (www.psychiatrische-familienpflege.de). Die bisher vorhandenen offenen Hilfeangebote, wie Einzelfallhilfe oder sozialpädagogische Familienhilfe, entsprechen oftmals nicht den besonderen Bedürfnissen und Erfordernissen von gesundem Kind und psychisch krankem Elternteil.
Ein notwendiger Heimaufenthalt führt zur Trennung von Mutter /Vater und Kind. Das Angebot des gemeinsamen Lebens in einer Gastfamilie erübrigt eine Heimunterbringung der Kinder und verhindert traumatische Trennungen von der primären Beziehungsperson. Mutter und Kind erhalten von den Mitgliedern der Gastfamilie Zuwendung und Unterstützung, die die Mutter / der Vater (zeitweise) nicht mehr gewähren kann. Das familiale Betreuungsfeld beugt sekundären Verhaltensauffälligkeiten vor und erschließt Hilfemöglichkeiten bei bereits vorhandenen Entwicklungsstörungen.
Heterogene Klientenstruktur
Die Familienpflege scheint sich für Menschen mit sehr unterschiedlichen Behinderungen zu eignen, deren spezieller Bedürfnislage das Leben in Familien mit einer sehr individuellen und persönlichen Assistenz am besten entspricht. Die heterogene Klientenstruktur bedeutet für die Familien und für die Arbeit des Teams, dass die Gewinnung und Ansprache der Bewohner, die Zahl der beteiligten und einzubeziehenden Fachkräfte, die Ziele und die Form der Begleitung in jedem einzelnen Fall abgestimmt und geplant werden müssen.
Bewohner nach langjährigem Aufenthalt in einer Institution stellen andere Anforderungen als diejenigen aus dem ambulanten Bereich.Menschen mit geistiger Behinderung haben teilweise andere Schwierigkeiten und andere Bedürfnisse als psychisch kranke Menschen. Sie sind häufig kontaktfreudiger und brauchen sozialen Rückzug nicht in dem Maß wie viele Menschen mit psychotischen Erkrankungen. Welche Bewohner sind für die Familienpflege geeignet? Für die Identifizierung geeigneter Bewohner spielen medizinisch-diagnostische Urteile eine untergeordnete Rolle.
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