Multiple Sklerose und Familie. Psychosoziale Situation und Krankheitsverarbeitung

Multiple Sklerose und Familie. Psychosoziale Situation und Krankheitsverarbeitung

 

 

 

von: Barbara Steck

Karger, 2002

ISBN: 9783805574532

Sprache: Deutsch

194 Seiten, Download: 1170 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Multiple Sklerose und Familie. Psychosoziale Situation und Krankheitsverarbeitung



Krankheitsverarbeitungsprozess  (S. 26-27)

Anpassung und Bewältigung

Dank der Fortschritte in der Behandlung von schweren Krankheiten haben die Langzeitverläufe bei chronischen Erkrankungen zugenommen. Die daraus resultierenden psychischen Bewältigungs- und Anpassungsprozesse betroffener Patienten wurden in den letzten 30 Jahren im Rahmen der Coping-Forschung untersucht. Die empirischen Ergebnisse der Wirksamkeit von Bewältigungsformen und -ressourcen zeigen, dass Bewältigung nicht nur das "Meistern von Belastungen", sondern auch das "Tolerieren" oder das "Vermeiden von Belastungen" [Lazarus, 1992] umfasst.

Alle Formen der Auseinandersetzung mit der Krankheit und der Bewältigungsversuche verdienen Respekt. Auch wenn gewisse Bewältigungsarten eine bessere Anpassung ermöglichen, kann nicht von einem "richtigen" oder "falschen" Weg der Auseinandersetzung bzw. der Bewältigung einer Krankheit gesprochen werden. "Bewältigung" meint immer sämtliche Bemühungen, mit welchen die Kranken die somatisch-biologischen, psychischen und sozialen Folgen ihrer Krankheit in ihre innere und äußere Realität zu integrieren versuchen. Über die Ausgestaltung dieses Integrationsversuchs, über seine Reichweite und seinen Erfolg entscheidet maßgeblich die schon vor Ausbruch der Krankheit ausgebildete soziale Identität des Individuums. Alle Bewältigungsaktivitäten konstituieren dabei einen Prozess, der in Verlauf und Entwicklung weder einer Folge vorhersehbarer Phasen entspricht, noch einen klar zu definierenden Endpunkt enthält. In diesem Prozess sind die Kranken gefordert, ihr Selbstbild fortlaufend zu überprüfen und eine jeweils spezifische, immer nur als vorläufig zu betrachtende Mischung zwischen gesunden, behinderten und kranken Anteilen in ihrer Rollenausübung zu entwickeln.

Für alle an MS Erkrankten gilt, dass die stete latente oder manifeste Angst vor Verschlechterung eine langfristige Lebensplanung in Frage stellt. Unter diesem Vorzeichen bedeutet Bewältigung der MS sehr viel mehr als ein Arrangement mit körperlichen Verlusten und Behinderungen, da alle Kranken einer permanenten Gefährdung ihres Selbstbilds und ihrer sozialen Identität ausgesetzt sind [Goerres et al., 1988].

Wie eine Krankheit verarbeitet wird, hängt von der Lebensgeschichte, der Persönlichkeit, den kritischen Lebensereignissen sowie von Diagnose, Verlauf und Schwere der Krankheit ab. Das subjektive Krankheitserleben zeigt sich, je nach individuellen Lebenserfahrungen, sehr unterschiedlich. Krankheitsvorstellungen sind immer mit kognitiven Repräsentanzen und emotionalen Anteilen verbunden, werden von der Persönlichkeitsstruktur bestimmt und können biographisch geprägte Konflikte widerspiegeln. Sie verändern sich durch den Verlauf der Krankheit und beeinflussen die Krankheitsverarbeitung. Bei letzterer handelt es sich um einen multifaktoriell determinierten Prozess, der sowohl von innerpsychischen Faktoren (psychologischen Ressourcen, die aus der Lebensgeschichte des Einzelnen stammen) als auch von äußeren Faktoren (Partnerschaft, familiäre und soziale Unterstützung) beeinflusst wird [Küchenhoff, 1993].

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