Das Bildnis der Geliebten - Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian

Das Bildnis der Geliebten - Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian

 

 

 

von: Ingeborg Walter

C.H.Beck, 2007

ISBN: 9783406555022

Sprache: Deutsch

161 Seiten, Download: 999 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Das Bildnis der Geliebten - Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian



Lorenzo de’ Medici und Lucrezia Donati (S. 27)

Bei seinem Tod, der ihn 1374 im Örtchen Arquà bei Padua erreichte, wo er die letzten Lebensjahre verbrachte, war Petrarca ein in ganz Italien berühmter Dichter, dessen Werke, die lateinischen wie die in der italienischen Volkssprache, in vielen Abschriften zirkulierten. Giovanni Boccaccio, der vergeblich versucht hatte, ihn nach Florenz zurückzuholen, schrieb für sich selbst bei einem Besuch bei ihm in Venedig die früheste Fassung des Canzoniere ab, die überliefert ist. Während die Humanisten die lateinischen Werke bevorzugten, waren an den Höfen und in den bürgerlichen Städten vor allem die italienischen Dichtungen beliebt, neben dem Canzoniere auch die Triumphi, in denen Laura mehrmals auftritt, besonders ihr Sterben wird im Triumph des Todes dramatisch beschrieben. Aber auch ein Humanist wie Coluccio Salutati, der mit Petrarca in briefl ichem Verkehr gestanden hatte und später Kanzler der Republik Florenz wurde, besorgte sich eine Abschrift der teilweise autographen, letzten Fassung des Canzoniere.

Ein Humanist der jüngeren Generation, Francesco Filelfo, schrieb in den vierziger Jahren des 15. Jahrhunderts sogar einen vielgelesenen Kommentar in italienischer Sprache zu Petrarcas poetischem Hauptwerk – allerdings nicht aus eigenem Antrieb. Gewünscht hatte ihn sich der Herzog von Mailand, Filippo Maria Visconti, ein großer Verehrer des Dichters. Filelfo war nicht glücklich über den Auftrag, den er jedoch, da er von seinem Brotherrn kam, nicht ausschlagen konnte. Petrarcas Gedichte besagten ihm nicht mehr viel. Er war ein Gelehrter, der nicht nur Latein, sondern als einer der ersten auch das Griechische beherrschte und die alten Sprachen den neuen, in diesem Fall der italienischen, für weit überlegen hielt, was dementsprechend auch für die in den betreffenden Sprachen geschriebenen Werke galt. Er bewunderte zwar Petrarcas poetische Kunst, doch lag ihm seine Gedankenwelt völlig fern. Vor allem die Gewissenszweifel des Dichters waren ihm unverständlich, und so verstieg er sich oft zu recht merkwürdigen und manchmal sogar obszönen Interpretationen der Gedichte.

Zum ersten Sonett des Canzoniere, in dem der Dichter Reue und Scham über seinen «jugend lichen Irrtum » bekundet und damit das Grundthema der ganzen Sammlung anschlägt, fiel ihm nur die lakonische Feststellung ein, daß «keine Frucht für die fl eischliche Lust daraus erwuchs». Aber er glaubte fest, daß es sich bei Petrarcas Liebe zu Laura um eine reale Geschichte gehandelt hatte, um ein galantes Abenteuer mit all den dazugehörigen Plänkeleien. Lauras Existenz stand für ihn außer Zweifel, ja er polemisierte heftig gegen diejenigen, welche in ihr nur die Poesie, die Seele oder die Tugend symbolisiert sehen wollten. Was ihr Bildnis betraf, so war er der Meinung, daß Simone Martini es nach dem lebenden Modell («dal naturale») gemalt habe. Zu Filelfos Kommentar gesellten sich bald noch andere in ähnlichem Sinn dazu.

Mit seinen Überzeugungen stand Filelfo nicht allein. Im 15. Jahrhundert zweifelte kaum jemand noch daran, daß Laura gelebt hatte. Man begann, in Avignon nach ihren Spuren zu suchen, und vermeinte, sie auch gefunden zu haben. So kam etwa ein Florentiner namens Luigi Peruzzi bei seinen Nachforschungen zu dem Schluß, daß Laura aus der Familie Salso (= Sade) stammte und in der Burg Toro (= Thor) auf die Welt gekommen sei. Ein Angehöriger der Familie de Sade, zu der auch der berühmte Marquis gehörte, lieferte dann im 18. Jahrhundert ein ganzes Dossier von Dokumenten nach, die diese seit Jahrhunderten zirkulierende Legende beweisen sollten.

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