Einführung in die Soziologie - Band 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft

Einführung in die Soziologie - Band 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft

 

 

 

von: Heinz Abels

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2007

ISBN: 9783531905952

Sprache: Deutsch

433 Seiten, Download: 23661 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Einführung in die Soziologie - Band 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft



1 Werte und Normen (S. 15)

Über den Handlungsreisenden Willy Loman schreibt Arthur Miller: „Er besitzt tatsächlich Werte. Nur die Tatsache, dass diese Werte sich nicht verwirklichen lassen, ist es, was ihn zur Verzweiflung treibt, wie so viele andere Menschen leider auch. Nur derjenige, der wirklich ohne alle Werte und Ideale lebt, fühlt sich immer und überall vollkommen wohl, denn zwischen nichts und irgendetwas ist ja kein Konflikt möglich."

Das erste mag man wohl glauben, das zweite ist soziologisch wohl nicht denkbar, denn es gibt kein Idividuum ohne Werte, und eine Gesellschaft ohne Werte ware keine Gesellschaft. Im soziologischen Sinne kann man unter Werten die bewussten oder unbewussten Vorstellungen der Mitglieder einer Gesellschaft verstehen, was man erstreben und wie man handeln soll.

Durch diese kollektiven Vorstellungen des Guten und Richtigen fühlen sich die Individuen einander verbunden.

• Werte geben einen allgemeinen Orientierungsrahmen für Denken und Handeln ab, Normen schreiben mehr oder weniger streng vor, wie gehandelt werden soll.

• Normen sind Regeln, über deren Einhaltung die Gesellschaft wacht. Das tut sie mittels positiver oder negativer Sanktionen,also Lob und Strafe. Sie erreicht Normkonformität aber viel wirkungsvoller dadurch, dass uns Normen im Prozess der Sozialisation als „normar` nahegebracht werden, dass wir sie als vernünftige Regelungen internalisieren und sie im täglichen Handeln als „selbstverständlich" bestätigen.

Obwohl Werten und Normen oft natürliche, gar göttliche Dignität zugeschrieben wird, darf man nicht vergessen, dass es Menschen waren, aus deren Denken und Handeln sie erwuchsen. Allerdings, das hat MAX WEBER in seiner Studie über die „Protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus" gezeigt, können die materiellen und ideellen Interessen, die unser Handeln unmittelbar beherrschen, durch „Weltbilder" in bestimmte Bahnen gelenkt werden. Diese Weltbilder wurzeln oft in religiösen Überzeugungen, und deshalb gelten sie vielen auch als absolut und „selbstverständlich".

Es besteht die Gefahr, dass die „höchsten und letzten Werturteile, die unser Handeln bestimmen und unserem Leben Sinn und Bedeutung geben, (..) von uns als etwas »objektiv« Wertvolles empfunden" werden. (Weber 1904, S. 81) Doch sie sind nur insofem „objektiv", als sie in dieser Kultur oder sogar nur in dieser Gruppe tatsächlich gelten.

So hat Durkheim auch von sozialen Tatsachen gesprochen. Wenn wir also in der Soziologie von Werten sprechen, dann sind immer kulturspezifische Werte gemeint. Natürlich versichern wir uns geme allgemeinmenschlicher Werte in der Hoffnung, damit im globalen Konsens mit alien Gutmeinenden zu sein.

Doch die Geschichte hat gezeigt, dass es selten um die Durchsetzung universaler Werte, sondern meist um höchst einseitige Auslegungen solcher Werte gegangen ist. Wo die Gefahr dieser naiven - oder interessierten! - Annahme „selbstverständlicher" Werte liegt, kann man in Zeiten dogmatischen Denkens sehen.

Dann unterscheiden Wissenschaftler zwischen entwickelten und primitiven Kulturen, Missionäre Ziehen aus, um anderen Völkern das Heil zu bringen, und Fanatiker entscheiden, was wertvoll bis hin zum Lebenswerten ist.

An dieser Grenze zum Ethnozentrismus, der Werte nur aus der eigenen Kultur heraus definiert und zulässt, befinden wir uns immer. Deshalb kann man die folgende Mahnung Max Webers nicht ernst genug nehmen: Max Weber: Gleiche Dignität verschiedener Kulturwerte „Nur positive Religionen - präziser ausgedrückt: dogmatisch gebundene Sekten - vermögen dem Inhalt von Kulturwerten die Dignität unbedingt gültiger ethischer Gebote zu verleihen. Außerhalb ihrer sind Kulturideale, die der Einzelne verwirklichen will, und ethische Pflichten, die er erfüllen soll, von prinzipiell verschiedener Dignität.

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