Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens

Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens

 

 

 

von: Gerd Mietzel

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2007

ISBN: 9783840921001

Sprache: Deutsch

567 Seiten, Download: 8906 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens



5. Kapitel Problemlösen und seine Voraussetzungen (S. 275-276)

Fallbeispiel: Katrin Petersen hatte als Lehramtsstudentin an mehreren Seminaren teilgenommen, die das Thema »Lernen und Lehren« zum Inhalt hatten. Wie ihr der Professor in der Prüfung bestätigte, war sie mit Theorien zur Konditionierung von Verhalten, zum Beobachtungslernen und über das Mehr-Speicher-Modell bestens vertraut, sie konnte auch Triebtheorien von kognitiven Motivationstheorien unterscheiden und wusste, dass man bei Lernenden »dosierte Diskrepanzerlebnisse « hervorrufen muss, um ihre Motivation zu erregen. Als sie jedoch erstmalig eine Unterrichtsstunde selbstständig zu gestalten hatte, musste sie feststellen, dass ihr all die psychologischen Theorien offenbar wenig helfen konnten. Die Schüler ihrer Klasse verloren schnell das Interesse an den zu bearbeitenden Themen.

Frau Petersen hatte zunehmende Schwierigkeiten, ihren Unterricht ordnungsgemäß durchzuführen. Sie stand vor einem großen Problem: Sie konnte das im Hörsaal und Seminarraum Gelernte nicht auf die Bedingungen des Klassenzimmers übertragen. Der Seminarleiter, Herr Beyen, der fortan mehrfach am Unterricht von Katrin Petersen teilnahm, zeigte ihr immer wieder auf, was sie falsch machte. Sie hatte zwar in der Einstiegsphase ihres Unterrichts Bedingungen geschaffen, die grundsätzlich geeignet waren, Neugier zu wecken, aber zu wenig berücksichtigt, dass sich die Schüler mit den geschaffenen Situationen nicht identifizieren konnten: Sie berücksichtigte nicht den Selbstbezugseffekt. Ihr weiterer Unterricht war immer wieder darstellender Art, die Lernenden kamen zu wenig zu Wort oder erhielten, wenn sie Fragen beantworteten, keine ausführliche Rückmeldung.

Glücklicherweise war Herr Beyen nicht nur ein erfahrener Praktiker, sondern er kannte sich auch in der Pädagogischen Psychologie gut aus. So konnte er der Lehrerin bei jedem konkreten Anlass immer wieder begründen, warum sie sich in den einzelnen Situationen anders verhalten sollte. Erst jetzt gelang es Katrin Petersen, die im Studium gelernten Begriffe und Zusammenhänge auf die Praxis zu beziehen. Herr Beyen half ihr, den Transfer pädagogisch psychologischer Theorien auf unterrichtspraktische Situationen vorzunehmen.

Das vorausgegangene Kapitel beschäftigte sich vorwiegend mit der Frage, wie Menschen Wissen aufnehmen, verarbeiten, speichern und aus ihrem Langzeitgedächtnis abrufen. Nunmehr soll geklärt werden, wie Menschen dieses Wissen nutzen. Wie werden gespeicherte Inhalte miteinander in Beziehung gesetzt, neu geordnet und verändert, damit vorliegende Probleme gelöst werden können? Welche Rolle spielt dabei das Denken, durch das »konzeptuelle Veränderungen« erfolgen sollen? Was weiß man über diese menschliche Fähigkeit? Wie wirkt sich dieses Denken auf Problemlösungsprozesse aus?

Der Forschungsbereich, der sich mit dem problemlösenden Denken bzw. mit Bedingungen zur Herbeiführung konzeptueller Veränderungen befasst, fragt aus allgemeinpsychologischer Sicht zunächst nach den Voraussetzungen und den zu Grunde liegenden Prozessen. Zu den Voraussetzungen gehören Begriffe. Die Frage, wie sie gebildet werden, ist bereits in Studien gestellt worden, die mit zu den ältesten der experimentellen Lernpsychologie gehören. Arbeiten zur Begriffsbildung, zum Denken und Lernen werden auch von der Hoffnung getragen, dass sie Aufschlüsse darüber geben, warum einige Menschen besser und schneller Probleme lösen können als andere. Den Pädagogischen Psychologen interessiert hierbei besonders, ob und wie sich die Denkleistung bei der Problemlösung fördern lässt. Bekanntlich konfrontiert auch der Unterricht den Schüler immer wieder mit Problemen. Wenn aber der Pädagogische Psychologe Förderungsmöglichkeiten in den Blickpunkt stellt, dann will er nicht nur Lernenden dabei helfen, schulische Probleme besser zu lösen. Er fragt auch danach, ob und inwieweit die Schule in der Lage ist, die ihr anvertrauten Schüler auf die Anforderungen des Lebens vorzubereiten (»Nicht für die Schule – für das Leben lernen wir.«). Das Gelingen oder Misslingen dieses Anspruchs ist allerdings davon abhängig, ob der Schüler das im Unterricht Gelernte auf die Problemsituationen im »wirklichen Leben« übertragen kann. In der Lernpsychologie spricht man dabei von Transfer. ,

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