Einstieg in die Führungsrolle - Praxisbuch für die ersten 100 Tage

4 Sprung ins Wasser (S. 103-104)

„In jedem Anfang steckt ein Zauber inne,
der uns beschützt und hilft zu leben.“
Hermann Hesse, deutscher Dichter

Worum es geht …
Während der Vorbereitungen, des Sammelns der Informationen und der Identifikation möglicher Handlungsbedarfe, haben Sie bereits begonnen, wie eine Führungskraft zu denken und zu handeln. An Ihrem ersten Arbeitstag in neuer Funktion müssen Sie nun zeigen, dass Sie auch das Auftreten einer Führungskraft haben. Vom ersten Eindruck, den Sie auf Ihre Mitarbeiter, den neuen Vorgesetzten und die Kollegen machen, hängt ab, wie Sie in Ihrer neuen Rolle akzeptiert werden. Gleichzeitig sollten Sie möglichst schnell Sicherheit im Umgang mit den neuen Aufgaben gewinnen und Ihre Situation präzise einschätzen lernen. Dieses Kapitel beschreibt, wie Sie den Start als Führungskraft optimal gestalten können. Es behandelt folgende Themen:

- Ihre Vorstellung,
- wie Sie Ihre Situation schnell einschätzen lernen,
- den Aufbau eines Netzwerks mit den Kollegen,
- den Umgang mit an Sie gestellten Erwartungen,
- wie Sie sich Ihre ersten Ziele setzen können.

Wenn Sie Ihre neue Position antreten, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass die ersten Tage eine besondere Herausforderung darstellen. In den seltensten Fällen haben Vorgesetzte und Mitarbeiter Ihnen Ihre neue Position im Unternehmen umsichtig vorbereitet. Sie werden sie sich selbst erarbeiten müssen.

Im Rückblick erleben viele Führungskräfte ihre ersten Tage als verunsichernd. Sie sehen sich mit Aufgaben und Erwartungen konfrontiert, die ihnen bislang unbekannt waren: „Das war von heute auf morgen ein völlig neues Gefühl. Ich hatte die gleichen Sachen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und musste Entscheidungen treffen, die ich so vielleicht in der Vergangenheit nicht mitgetragen hätte“ (Interview 5). Ein anderer Interviewpartner berichtet, ihm sei es besonders schwergefallen, mit der Erwartung umzugehen, schnell Entscheidungen zu treffen. „Ich habe dann immer geantwortet, ich sei noch nicht ausreichend tief in der Materie. Ich konnte damals die Konsequenzen nicht abschätzen. Und dann hat es keinen Sinn, eine Entscheidung herbeizuführen“ (Interview 6). Ähnlich unangenehm empfinden einige die neue Aufgabe der Mitarbeiterführung. In einem Fall stand kurz nach dem Rollenwechsel ein Mitarbeitergespräch mit Zielvereinbarungen im Terminkalender. Schon diese Beispiele zeigen: Die Einarbeitung ist sowohl arbeits- als auch zeitintensiv. Bereits in der Startphase ist es notwendig, zu differenzieren, was sofort geklärt und entschieden werden kann und was nicht. Sie werden eine beträchtliche Anzahl Überstunden investieren müssen, um sich Schritt für Schritt einen Überblick zu verschaffen und die neue Situation einschätzen zu lernen. Hinzu kommen organisatorische Hürden, die den Einstieg erschweren: Manchmal fehlt noch der Schreibtisch. Ein anderes Mal hat niemand daran gedacht, dass der neue Chef Passwörter braucht, um den Computer zu benutzen und wichtige Firmenunterlagen einsehen zu können. Gleichzeitig ist eine Führungskraft von Anfang an verplant. Meetings stehen auf dem Terminplan, an denen Sie aufgrund Ihrer Funktion teilnehmen sollen. Diese Erfahrungen zeigen: Anfängliche Unklarheiten und Unsicherheiten erlebt jeder Chef. Über Führungsqualitäten sagen sie nicht viel aus. Wichtig ist vielmehr, dass Sie diese Phase des Neuanfangs schnell überwinden und von Anfang an dafür sorgen, dass Sie die Anlaufschwierigkeiten so klein wie möglich halten. Wie das geschehen kann, zeigt das folgende Kapitel.

4.1 Begrüßung und Kennenlernen
Der erste Arbeitstag in der neuen Funktion steht bevor. Sie sind gespannt, wie Ihnen die neuen Kontakte gelingen. Neben der Vorfreude auf die neue Aufgabe verspüren Sie auch Unsicherheit und Vorsicht.

Ihren Mitarbeitern, den Kollegen und dem Vorgesetzten geht es ähnlich. Sie sind gespannt, wie sich der Neue präsentiert, was er im Vergleich zu seinem Vorgänger ändern wird und was beibehalten. Sie werden Sie am Anfang vorsichtig „beschnüffeln“, vielleicht auch argwöhnisch beäugen. Jeder will möglichst schnell herausfinden, welche Konsequenzen die personelle Veränderung für ihn bringt.