100 Fehler bei der Pflegedokumentation - und was Sie dagegen tun können

100 Fehler bei der Pflegedokumentation - und was Sie dagegen tun können

 

 

 

von: Jutta König

Schlütersche, 2010

ISBN: 9783842682634

Sprache: Deutsch

137 Seiten, Download: 779 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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100 Fehler bei der Pflegedokumentation - und was Sie dagegen tun können



4 Die medizinische Anordnung (S. 56-57)


40. Fehler: Annahme, eine Bedarfsmedikation sei nicht erlaubt

Die Bedarfsmedikation ist einigen Bestimmungen unterworfen, aber keineswegs verboten. So muss der Bedarf eindeutig genannt und darf nicht interpretierbar sein. Neben dem verordnenden Arzt muss das Anordnungsdatum, das Medikament, die Dar reichungsform, der Bedarf (also die Indikation), die Einzeldosis und die Maximaldosis für 24 Stunden genau benannt werden.

Unzulässig wäre beispielsweise:
02.07.2005 Dr. Schulz; Novalmin/-sulfon bei Schmerz 20 Tropfen einmalig und maximal 3 x pro Tag.

Der Schmerz kann vielfältig sein und es kann nicht angehen, dass die Pflegekraft entscheidet, bei welcher Art Schmerz das Novalmin/-sulfon gegeben wird. Also muss der Bedarf genauer genannt werden, ob das Novalmin z. B. bei Rücken-, Knie-, Tumorschmerz oder bei anderen expliziten Schmerzen gegeben werden darf. Wenn der Arzt entscheidet, dass das Medikament bei jeglichen Schmerzen zu geben ist, so muss dies ebenfalls so dokumentiert werden, und die Pflegekraft muss tatsächlich bei Zahnschmerzen Novalmin geben.

Im Bereich der Psychopharmaka, Sedativa und Neuroleptika scheint diese Verordnung nach eindeutiger Indikation nahezu unerreichbar. Meist steht bei diesen Medikamenten schlicht »bei Bedarf« oder »bei Unruhe«. Wann dieser Bedarf eintritt, wird somit nicht klar erläutert. Es ist vielmehr so, dass die Pflegekraft entscheidet, wann sie dieses Medikament gibt. Wenn auf dem Medikamentenblatt »bei Bedarf« oder »bei Unruhe« steht und die Pflegekraft das Präparat verabreicht, so entscheidet sie in diesem Moment allein. Wenn eine Pflegekraft im Bereich der medizinischen Anordnungen allein entscheidet, muss sie für evtl. Schäden später auch gerade stehen.

Aber genau diese unspezifischen, interpretierbaren und so genannten »weichen« Formulierungen haben die Bedarfsmedikation in Verruf gebracht. So manche Pflegedienstleitung hat an ihre Mitarbeiter die Order herausgegeben, dass es im Betrieb keine Bedarfsmedikation mehr gibt und immer der Arzt zu rufen ist. Auch Prüfer des MDK vertreten nach Aussage vieler Beteiligter bei Prüfungen immer wieder die These, dass Bedarfsmedikationen nicht erlaubt seien. Das ist so jedoch nicht ganz richtig: Die Bedarfsmedikation ist im Einzelfall eine gute Sache. Sie ermöglicht den Pflegefachkräften eine adäquate Handlung in einer spezifischen Situation, der Pflegebedürftige erfährt Linderung oder zumindest eine rasche Hilfe bei einem akuten Problem. Wenn die Bedarfsmedikation eindeutig, zweifelsfrei und ohne Handlungsspielraum dokumentiert und vom Arzt bestätigt ist, ist die Gabe der Bedarfsmedikation auch kein Problem.

Wie bekommt man nun eine explizite Bedarfsbeschreibung für einen unruhigen demenziell Erkrankten? Wer legt diesen Bedarf überhaupt fest? Der Arzt? Nein, weit gefehlt: Die beteiligten Pflegekräfte sind die Personen, die den Bedarf festlegen. Folgender Fall dürfte so oder ähnlich auch Ihnen bekannt sein. Im Medikamentenblatt steht: »10 ml Eunerpan bei Unruhe«. Wie kommt so ein Eintrag zustande? Die Pflegekraft gibt dem Arzt beispielsweise die Auskunft: »Frau M. lehnt schon die dritte Nacht am Fenster und ruft um Hilfe. Sie ist ganz aufgewühlt und durcheinander, sie sucht ihren vor 30 Jahren verstorbenen Mann. Wir können sie nicht beruhigen. « Der Arzt möchte der Pflegebedürftigen natürlich etwas Ruhe gönnen und verordnet ein Medikament, in diesem Fall Eunerpan, zur Beruhigung. Was ist nun der Bedarf? Zum Beispiel: »Wenn Frau M. nachts länger als eine Stunde am Fenster steht und nach ihrem Mann ruft und sich nicht beruhigen lässt.« Viele Worte, aber die einzige Möglichkeit, korrekt zu handeln.

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